Bindung
Ein Beitrag von Wibke Hagemann

Viele Menschen wünschen sich einen anhänglichen und personenbezogenen Hund, also eine „starke Bindung“. Sie wünschen sich einen Hund, der gefallen will und seinen Menschen anhimmelt. Denjenigen, die einen eigenständigen und offenen Hund haben, wird manchmal fehlende Bindung unterstellt. Diese Hunde gehen gerne mal ihren eigenen Ideen nach und würden für ein paar Kekse mit jedem Menschen mitgehen. Schnell führt das zu der Annahme:
Eine Beziehung ist sehr vielschichtig und das Zusammenspiel von zwei Individuen – Mensch und Hund. Geprägt wird diese durch die Summe der gemeinsamen Erlebnisse und den Lernerfahrungen jedes Einzelnen.
Bindung kann dort entstehen, wo Zwei sich aufeinander einlassen können und ein positives Miteinander haben. Freiwilligkeit, Wohlfühlen, das Bedürfnis nach Nähe und gemeinsamer Spaß sind wichtige Bausteine für den Aufbau von Bindung.
Man kann eine innige Bindung zu seinem Hund haben, dennoch würde er dem Kaninchen hinterherlaufen, wenn er die Gelegenheit hat und den Rückruf ignorieren. Umgekehrt kann ein eigenständiger Hund manchmal wenig anhänglich wirken, aber Zuhause eine tolle Bindung zu seinem Menschen haben.
Einflussfaktoren auf die Bindungsoffenheit unserer Hunde
In der frühen Entwicklung werden Grundsteine für die Bindungsbereitschaft eines Lebewesens gelegt. Daher haben die Umstände der Aufzucht im Welpenalter und der Umgang der Mutterhündin mit ihren Welpen starken Einfluss.
Die rassetypischen Dispositionen und die Persönlichkeit des Hundes sind weitere Faktoren. Bei der Züchtung der verschiedenen Rassen wurden bestimmte Persönlichkeitsmerkmale, wie z. B. Eigenständigkeit beim Dackel und Anhänglichkeit bei Maltesern gewünscht. Diese Rasseeigenschaften sind ein kleines Rädchen im ganzen Uhrwerk, können aber Einfluss nehmen. Die individuelle Persönlichkeit des Hundes sollte immer unabhängig der Rasse betrachtet werden. Blicken wir zu stark mit der Rassebrille auf einen Hund, entgehen uns Persönlichkeitsmerkmale, die vielleicht eher untypisch für seine Rassezugehörigkeit sind.
Gute Beziehung bringt Bindung
In der Welpenzeit oder bei der Adoption eines Hundes nehmen wir uns im Idealfall Zeit, um eine gute Beziehung zu unserem Hund aufzubauen. Unter Bindung verstehen wir dabei den Aufbau einer engen Beziehung, die im Laufe eines Lebens Veränderungen unterliegt.
Bindung ist also keine einmalige Erledigung und das Allheilmittel für einen folgsamen Hund.
Vielmehr wäre es wichtig ein gemeinsames und lebenslanges Beziehungs-Konto mit dem Hund zu eröffnen. Wie auf ein Bankkonto zahlen wir dort ein, jedoch nicht in Form von Geld, sondern in Form gemeinsamer Erfolgerlebnisse, freiwilligem Kuscheln, Spielen, Aufmerksamkeit und Fürsorge.
Ist unser Konto voll, macht es nichts, wenn wir die Beziehung mit einem Besuch beim Tierarzt kurz belasten müssen. Unser Konto weist dann so viel Gut(haben) auf, dass das Schlechte die Beziehung nicht gefährdet.
Bindung hat auch eine Kehrseite
Eine extrem „enge Bindung“, also die starke Fixierung des Hundes auf eine einzelne Person, kann, genau wie die „unsichere Bindung“ zu einem Problem werden.
Bei extrem enger Bindung kann der Hund Verlassensängste entwickeln und beim Alleinsein unter negativen Stress leiden. Auch Eifersucht kann auftreten, wenn die Bindungsperson in Kontakt mit anderen Hunden oder Menschen tritt. Dann möchte der Hund nie ohne seinen Menschen sein oder aber diese für ihn so wichtige Ressource nicht teilen.

Strategien für den Alltag erhalten Sie in meinem Webinar „Angsthunde – Was hilft und was nicht“.
Bei einer unsicheren (ambivalenten) Bindung zeigen sich die Hunde sehr abhängig von ihrer Bindungsperson. Ohne Anweisung oder Erlaubnis ist der Hund aufgeschmissen und zeigt wenig Eigeninitiative. Dies kann aus Angst oder Überforderung entstanden sein und führt manchmal zu Antriebslosigkeit oder Unsicherheit mit der belebten Umwelt.
Was können wir für eine „gute Bindung“ tun?
Tipp 1
Legen Sie Ihr Handy weg und setzen Sie sich zu Ihrem Hund auf den Boden. Investieren Sie 5 Minuten täglich darin, mit Ihrem Hund im Hier und Jetzt zu sein. Keine Signale, keine Leckerchen – einfach nur nette Interaktion zwischen Ihnen und Ihrem Hund fließen lassen. Spielen Sie miteinander oder seien Sie einfach ein bisschen albern mit Ihrem Hund.
Tipp 2
Kuscheln ist gut für die Seele und fördert die Bindung zu unseren Hunden. Also ab aufs Sofa und 10 Minuten täglich Körperkontakt genießen. Lassen Sie dabei Ihren Hund entscheiden, wie nah er bei Ihnen liegen möchte. Für Ihre Entspannung können Sie sich 10 Minuten auf Ihren Atem oder den Atemrythmus Ihres Hundes konzentrieren.
Tipp 3
Streicheln tut gut, Mensch und Hund. Viele Studien belegen, dass Streicheln das Wohlbefinden fördert. Sowohl von demjenigen der streichelt, als auch dem der gestreichelt wird. Finden Sie die Lieblingsstreichelstelle Ihres Hundes und testen Sie verschiedene Körperbereiche. Unterbrechen Sie dabei das Streicheln nach einigen Malen immer wieder und warten Sie, ob Ihr Hund Sie auffordert weiter zu machen. Damit sagt er Ihnen, ob es ihm gefällt.
Selbstverständlich gilt für alle Tipps, dass Sie und Ihr Hund dabei sicher sind und Ihr Hund freiwillig Kontakt zu Ihnen sucht.
Fazit: Bindung ist ein komplexes Thema und kann nicht an Gehorsam oder Folgsamkeit festgemacht werden. Eine gute Beziehung zu unseren Hunden ist keine Einbahnstraße, sondern entsteht aus einem positiven Miteinander. Im Hier und Jetzt eine gute Zeit miteinander zu verbringen, trägt genauso dazu bei, wie wohlwollend mit Fehlern umzugehen.
Für mich persönlich ist positive Bindung zu meinem Hund wie eine Freundschaft, ich kann sie nicht erzwingen, sie ist ein Geschenk das auf Freiwilligkeit beruht.
Sie sind unsicher, wie Sie die Bindung zu Ihrem Hund verändern können oder haben Zweifel, ob Ihre Beziehung eine Belastungsprobe aushält? Dann lassen Sie uns in einer Telefon- oder Onlineberatung darüber sprechen. Ich helfe Ihnen gerne mit einer Einschätzung und schlage Ihnen Möglichkeiten vor, wie Sie die Beziehung zu Ihrem Hund positiv beeinflussen können.