Die machen das unter sich aus!

Ein Beitrag von Wibke Hagemann

Hunde sind soziale Lebewesen und brauchen die Interaktion mit Artgenossen. Sie profitieren sehr von Spaziergängen mit Hundefreunden, Training im Beisein anderer Artgenossen oder sogar einem Hundekumpel im eigenen Haushalt.

Leider wird die Qualität dieser Interaktionen mit anderen Hunden und die Lernerfahrungen, die die Hunde dabei machen, oft nicht ausreichend hinterfragt. So hält sich zum Beispiel der Ratschlag: „ Die machen das unter sich aus! “ unter Hundehaltern und auch Trainern leider sehr hartnäckig.

Stellen wir uns einmal die folgende Situation vor. Wir stehen mit den Kindern unserer Familie oder anderen Kindern, die uns zur Beaufsichtigung anvertraut wurden, an einem Spielplatz. Ein dreizehnjähriges und ein vierjähriges Kind spielen zusammen mit einem Fußball. Das ältere der beiden Kinder ist geduldig und nett mit dem jüngeren, möchte nach einer Weile aber das Spiel abbrechen.

Das jüngere Kind möchte jedoch weiterspielen und beginnt, das ältere immer und immer wieder aufzufordern. Dieses erklärt nett, aber bestimmt, dass es keine Lust mehr hat. Das ist für das jüngere Kind aufgrund seines Alters schwer zu verstehen und so wird aus seiner Enttäuschung und nicht erfüllten Erwartungshaltung bald Nörgelei. Nun ist das ältere Kind langsam genervt, weil das jüngere einfach keine Ruhe gibt, versucht aber dennoch souverän zu bleiben, obwohl das Kleinkind beginnt, es mit dem Fussball zu bewerfen.

Das große Kind nimmt schließlich dem kleinen den Fussball weg, um die Nerverei zu stoppen. Dies führt dazu, dass das jüngere Kind, das inzwischen übermüdet und quengelig ist, eine körperliche Auseinandersetzung startet und das ältere Kind mit Fäusten und Tritten traktiert. Nun wird es diesem langsam zu bunt und es nimmt das Kleinkind, um dessen Schlägen nicht länger ausgeliefert zu sein, in den Schwitzkasten. Es folgt Gebrüll, Geschrei, eine Keilerei…

„Die machen das unter sich aus!“


In unseren Welpen- und Junghundegruppen lernen Sie im geschützten Rahmen, wie sie das Treffen mit anderen Hunden für Ihren Hund stressfrei und angepasst gestalten können.


Hand aufs Herz – wie lange würden Sie sich das Schauspiel zwischen den Kindern tatenlos und unkommentiert ansehen?

Ich könnte diese Geschichte und den Verlauf der Eskalation weiter ausschmücken, aber ich denke die meisten von uns sind im Verlauf der Geschichte an einem Punkt angelangt, an dem wir als verantwortungsvolle Erwachsene eingreifen würden. Keines der beiden Kinder macht etwas falsch, sie haben nur beide keine Strategie um mit einer solchen Situation gut umzugehen.

Die meisten von uns würden rechtzeitig eingreifen, damit keines der beiden Kinder zu Schaden kommt oder aber die Beziehung zwischen den Kindern durch den Streit belastet wird. Es liegt in unserer Verantwortung, die Kinder zu schützen und ihnen aufzuzeigen, welches Verhalten in einer solchen Situation zur Deeskalation führt und wie ein gutes Miteinander aussieht.

Genau diese Geschichte können Sie beliebig auf jede Hundebegegnung übertragen, insbesondere auf Interaktionen zwischen erwachsenen Hunden und Welpen oder Junghunden. Obwohl Hundehalter oft die Spannung in solchen Situationen erkennen, das Bauchgefühl aufschreit oder der eigene Hund bereits Verhalten zeigt, das alarmierend ist, kommen sie ihrer Beschützer- und Führungsrolle dennoch nicht nach, weil ihnen jemand gesagt hat: „Das machen die unter sich aus“.

So passiert es, das prekäre Situationen verharmlost werden, beziehungsbelastende Auseinandersetzungen bagatellisiert werden und der Mensch in seiner leitenden Funktion leider versagt.

Das Problem bei Hunden ist, dass ein “Schwitzkasten” eine Beißerei ist und bei Hunden mit mangelnder Beißhemmung oder schlechtem Sozialverhalten dabei schnell Schlimmeres passiert, als nur ein paar Löcher im Fell. Denn eskaliert eine Situation erst, können schnell schwere Verletzungen entstehen. In den 10 Jahren meiner Tätigkeit als Hundetrainerin gab es einen Todesfall eines Hundes und einige schwere Verletzungen von Hund zu Hund, die alle hätten vermieden werden können. Die meisten dieser Beißvorfälle passierten, weil die Menschen glaubten: „Das machen die unter sich aus“.


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Was können Sie tun um Ihren Hund und andere zu schützen?

  1. Lassen Sie Ihren Hund nicht jeden fremden Hund „begrüßen“. Nehmen Sie Ihren Hund an die Leine und trainieren Sie mit ihm, dass sich das weitergehen mit Ihnen besonders lohnt.
  2. Fragen Sie den anderen Hundehalter, ob Kontakt zwischen den Hunden in Ordnung ist, bevor Sie Ihren Hund wieder von der Leine lassen.
  3. Es gibt keinen Welpenschutz! Wenn ihr Welpe oder Junghund einen erwachsenen Hund immer wieder anspielt, dieser aber nicht mehr interagieren möchte, dann nehmen Sie ihren jungen Hund aus der Situation heraus, bevor der erwachsene Hund sich wehren muss.
  4. Stellen Sie im Zusammenleben mit mehreren Hunden klare Regeln auf, damit jeder Hund der Familie ausreichend Ruhe, Raum für sich und Aufmerksamkeit bekommt. Greifen Sie frühzeitig und ruhig ein, falls Sie Spannungen bemerken. Sorgen Sie dafür, dass ihre Hunde sich auf Sie als Friedensstifter verlassen können.
  5. Helfen Sie ihrem Hund dabei, positive Hundekontakte zu haben und so gutes Sozialverhalten zu erlernen.
  6. Ein stabiler Hunde-Freundeskreis, in dem positive Interaktionen unter kontrollierten Bedingungen stattfinden können, ist viel wert – gemeinsame Spaziergänge oder gemeinsame Trainingseinheiten sind dazu sehr gut geeignet.

Sie haben bereits einen älteren Hund und möchten zukünftig einen Welpen in die Familie holen? Sprechen Sie uns gerne an, wir beraten Sie in einem Einzeltraining, welche Maßnahmen wichtig sind, damit ein harmonisches Zusammenleben funktionieren kann.

Zeigt Ihr Hund bereits Probleme im Sozialverhalten mit Artgenossen? Schreiben Sie uns gerne – auch hier können wir Sie und Ihren Hund mit Einzeltraining und Kursen gezielt und professionell unterstützen.

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